092: Triggerwarnungen und Co. - Wie du mit sensiblen Inhalten umgehen solltest

Shownotes

Wenn es um Themen wie Krankheiten, Verluste, Schicksalsschläge und Ähnliches geht, kann es sein, dass du deine Zuhörer in ihrer Psyche kitzelst. Das kann ein heiteres Kitzeln sein (auch bei ernsten Themen), das kann aber auch ein unangenehmes Kitzeln sein.

Wie du mit diesen Themen umgehst, um deine Zuhörer bestmöglich abzuholen, ist Inhalt dieser Episode.

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00:00:00: Was ist, wenn du eine Episode aufnehmen möchtest und der Inhalt ist ein bisschen knifflig, so etwas wie Krankheit oder

00:00:07: Verluste oder sonst irgendetwas?

00:00:10: Wenn es um diese Themen geht, willst du deine Zuhörerinnen und Zuhörer schonend auf dieses Thema vorbereiten

00:00:17: und entsprechend sorgsam mit diesem Inhalt umgehen.

00:00:21: Gleichzeitig weißt du auch, dass bestimmte Inhalte vielleicht nicht passend sind für alle deine Zuhörerinnen und Zuhörer.

00:00:29: Wie du dann damit umgehst und wie du dich darauf vorbereitest und diese Episode so aufbaust, dass wirklich du mehr oder weniger safe bist,

00:00:37: das bespreche ich mit dir hier in dieser Episode.

00:00:41: Willkommen zurück zu einer neuen Episode von Power to the Podcast. Ich bin Gordon Schirmelder, Podcastcoach und hier bei

00:01:06: Podigy verantwortlich für diesen Podcast. Ich glaube, dass diese Podcastfolge hier heute ein Stückchen kürzer wird als die, die sonst hier in die Welt gelangen.

00:01:19: Aber mir ist das Thema extrem wichtig und deswegen möchte ich es hier auch einmal in aller Deutlichkeit mit dir besprechen.

00:01:30: Das Thema sensible Inhalte, knifflige Inhalte, Sachen wie Tod und Depression oder Krankheiten, Krebs, Verluste, was auch immer.

00:01:42: Das sind alles Themen, die immer mal wieder den Weg in Podcast-Episoden oder generell in Podcasts findet.

00:01:50: Aber es ist auch so, dass bei Formaten in dieser Art das Wort Triggerwarnung sehr inflationär benutzt wird.

00:02:02: Eine Triggerwarnung ist etwas, dass Menschen dadurch, dass sie etwas wahrnehmen, also sehen oder hören oder lesen, emotional in einen emotionalen Zustand kommen könnten, der für sie nicht gut ist.

00:02:19: Und das ist okay, sowas zu machen am Anfang.

00:02:22: Aber das Wort Triggerwarnung wird doch sehr häufig benutzt in einschlägigen Podcasts Genres mehr, also gerade was so Crime angeht oder auch so True Crime oder Sachen halt, die wirklich passiert sind und dergleichen mehr.

00:02:44: Und wir sprachen in meiner Podcast-Community vor einigen Tagen über genau dieses Thema.

00:02:50: Und ich bin gar nicht so der große True Crime-Hörer, aber was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Coaching-Session gesagt haben, fand ich schon krass, dass sie sagten, ja, diese Themen werden natürlich reißerischer aufgemacht, das ist klar.

00:03:10: Und auch bei vergleichsweise milden Themen wird da davor eine Triggerwarnung gesetzt.

00:03:15: Auch das Wort Triggerwarnung taucht auf.

00:03:17: Und die Reaktion der Leute war doch sehr oft und eigentlich doch sehr inflationär, also etwas zu übertrieben angewendet, das Wort.

00:03:28: Und wenn du so eine Folge machst, dann willst du natürlich nicht so alarmistisch sein und du willst das irgendwie genauso sensibel machen, wie der Inhalt deiner Podcast-Episode ist.

00:03:40: Und deswegen möchte ich mit dir hier so ein paar Sachen besprechen, die wie ich finde, aus meiner Warte wichtig sind, um eben diese sensiblen Dinge mit Respekt und Fingerspitzengefühl zu behandeln.

00:03:55: Aber auch klar zu sein und vor allem auch die Menschen darauf vorzubereiten und sie nicht ins offene Messer laufen zu lassen.

00:04:04: Denn ganz klar, wenn ich jetzt beispielsweise in meiner Familie oder selber mit einer Krankheit unterwegs bin und auf einmal höre ich eine Episode darüber und schlimme Dinge aus meiner Warte,

00:04:16: dann ist es natürlich so, dass es sein kann, dass es mich negativ berührt und das kann ein Problem werden.

00:04:25: Lass uns aber mal darüber sprechen, was die Dinge sind, die man da machen könnte, die wie ich finde extrem wichtig sind.

00:04:34: Der erste Punkt, den ich mir hier notiert habe, ist Vorbereitung bzw. Recherche.

00:04:41: Wenn du über ein bestimmtes Thema etwas sagst und hast jetzt keinen Fachpersonal, keine Expertin, keine Experten zu diesem Thema eingeladen,

00:04:52: dann ist es extrem wichtig, dass du über Aussagen, wo du jetzt nicht 100% die Felsen fest von überzeugt bist oder nicht genau weißt, dass das so ist,

00:05:01: dass du dir Informationen holst.

00:05:04: Kleines Beispiel. Redest du über eine Krankheit, über eine bestimmte Symptomatik beispielsweise,

00:05:11: dann willst du auch dafür sorgen, dass das richtig ist, was du sagst.

00:05:18: Denn wenn du Fehlinformationen verbreitest, auch wenn es nur ein Versehen ist,

00:05:22: dann ist es für Leute, die sich nicht mit dem Thema auskennen, eine Aussage, eine Autorität,

00:05:31: weil du bist in dieser Situation die Autorität, du machst den Podcast, du machst eine Episode darüber

00:05:37: und wenn du etwas sagst und Menschen vertrauen dir, dann nehmen die das erst mal fürbare Münze.

00:05:41: Und wenn du da halt irgendwie mit Symptomen um dich wirfst beispielsweise und das ist so nicht 100% richtig,

00:05:49: dann ist es natürlich kacke, machen wir uns mal nichts vor.

00:05:53: Und da ist es wirklich wichtig zu recherchieren und sich nicht auf die sogenannte anekdotische Evidenz zu verlassen.

00:06:00: Ich nehme etwas wahr, also ist das so?

00:06:03: Nein, bloß weil du etwas wahr nimmst, weil etwas geholft vorkommt aus deiner Sicht heißt es noch lange nicht,

00:06:09: dass das auch wirklich prüfbar und valide ist.

00:06:13: Okay, also es geht schon darum wirklich im Detail vorbereitet zu sein, wenn es um sensible Themen geht.

00:06:21: In diesem Fall und ich bin ein ganz großer Freund davon, das weißt du,

00:06:25: Episoden gut und schnell zu machen.

00:06:28: In solchen Sachen, in solchen Fällen investiere lieber mehr Zeit in die Recherche als zu wenig Zeit für die Recherche.

00:06:37: Und dass du dann einfach auch völlig sicher bist, was so an Themen für dich kommt, was für dich wichtig ist.

00:06:45: Der nächste Punkt ist Sensibilität.

00:06:49: Also es geht natürlich darum eine Folge dazu zu machen und die darf auch unterhaltsam sein.

00:06:53: Aber wenn es nicht das Konzept ist, also wenn das Podcast-Konzept nicht reißerisch sein soll, dann mach es auch nicht reißerisch.

00:07:02: Dann geh mit diesen Inhalten sehr empathisch um sensibel, besprich es nicht reißerisch, dann mach da etwas sanftes draus.

00:07:13: Ich weiß nicht ob ich das, ich kriege das nicht unbedingt in Worte gefasst, aber ich habe zum Beispiel,

00:07:20: wenn du in diesem Podcast eine Weile verfolgst, dann weißt du, dass ich ein Podcast mache zum Thema Depression,

00:07:25: weil ich selber mit Depressionen unterwegs bin in der Vergangenheit mehr als in der Gegenwart,

00:07:30: aber ich zeig mich da eben als Betroffener.

00:07:33: Und da ist es mir natürlich bewusst, dass das Themen sind, die für viele Menschen einfach auch sensibel sind.

00:07:40: Und ich habe eine Folge zum Thema Soizidalität gemacht und da habe ich wirklich sehr, sehr, sehr viel Zeit in der Recherche verbracht

00:07:49: und habe auch wirklich ganz bewusst Worte gewählt, die vielleicht weicher sind als die, die ich sonst benutze.

00:07:57: Und weil es mir eben wichtig war, dass ich da niemanden in eine Situation bringe, die mich nicht verfolgt.

00:08:03: gut ist. Und in diesen Episoden, dieses Podcast benutze ich ganz, ganz häufig eine Formulierung

00:08:12: am Anfang, die die Menschen sorgsam werden lässt. Und da geht es darum, diese Triggerwarnung

00:08:21: sachlich zu gestalten. Es geht darum, dass das schon oft übertrieben ist, aber gerade in dem

00:08:28: Punkt, wo es um Suizidalität ging, schwieriges Wort, also sich selber das Leben nehmen, da muss man

00:08:39: natürlich schauen, dass man diese Menschen vorbereitet, gerade wenn die Zielgruppe depressiv

00:08:44: ist. So, das heißt aber, anstatt alarmistisch Triggerwarnung zu sagen, benutze ich da auch ein

00:08:51: Stück weit eine Formulierung, die ein bisschen weicher ist und die eben trotzdem an die Selbstwäksamkeit

00:08:59: und die Sorgfaltspflicht der Leute appelliert, also nicht Triggerwarnung, sondern ich mache

00:09:05: dann meistens so etwas wie "Hey, in dieser Episode spreche ich hier heute über das Thema

00:09:08: Tod und Suizidalität". Das ist ein sehr, sehr sensibles Thema und es kann sein, dass dich

00:09:18: dieses Thema, dass es nicht gut ist, wenn du das hörst. Wenn du also das Gefühl hast, wenn du

00:09:24: jetzt das Gefühl hast, dass dir dieses Thema nicht gut tun könnte, dann lass diese Folge gerne

00:09:30: aus oder höre diese Folge nicht alleine. Und wenn du merkst, dass du auf einmal schlimme

00:09:37: Gedanken hast in deinem Kopf, dann tu mir einen Gefallen, ruf jemand an und lass dich in die

00:09:42: nächste Klinik bringen. Da kann man sich um dich kümmern und biet dir erst mal einen sicheren

00:09:49: Hafen. So, das war ein Beispiel, wie ich heute das Thema bringen könnte. Es ist, wie ich finde,

00:09:54: überhaupt nicht alarmistisch im Gegenteil. Es ist sehr sorgfältig, sehr weich, sehr angebotslastig

00:10:02: und ich denke, das ist so viel besser als dieses klassische Triggerwarnungsding. Gerade bei solchen

00:10:12: sensiblen Themen ist es wichtig, den Menschen Hilfe zu bieten. Und wo ist es dann in diesem

00:10:16: Depressions-Podcast bei mir so, dass ich bei Pottigy dann einen Template, einen Textblock

00:10:23: in das Backend importiert habe. Das kannst du ja dann so machen, dass du dann so in den Show notes

00:10:29: was schreibst und kannst dann da Sachen hinterlegen als Templates, die du dann einfach als Textblock

00:10:34: hinzufügst. Und da habe ich so etwas wie Ressourcen und Hilfe, so habe ich das genannt, hinterlegt. Und

00:10:41: das ist dann schon so alles markiert, Anlaufpunkte, SOS-Nummern und so weiter. Also alles was Menschen

00:10:47: mit einer Depression brauchen, findet man in jeder Podcast-Episode. Und diese Ressourcen anzubieten

00:10:53: halte ich für extrem wichtig. Gerade wenn es um sensible Themen geht und du kannst einfach nicht

00:10:59: komplett vorhersagen, wie kommt dieses Thema bei den Menschen an. Aber wenn du sagst bis auf,

00:11:04: wenn du gerade ein ungutes Gefühl hast, wenn du gerade merkst, das betrifft dich mehr, Genie-Show

00:11:10: notes, da ist eine Telefonnummer dran. Da ist das Depressionstelefon, ruft da an. Im Zweifel,

00:11:15: wenn es hart auf hart kommt, lass dich in die Klinik bringen. Lass alle stehen und liegen,

00:11:18: rufe irgendwen an, rufe dir einen Taxi, mach es nicht selber, rufe dir einen Taxi und fahr in die

00:11:23: Klinik. Und diese Inhalte anzubieten, diese Sicherheit zu geben, das ist glaube ich eine ganz, ganz

00:11:29: wichtige Sache. Okay? Wenn du Geschichten erzählst, wenn du nicht selber betroffen bist und

00:11:37: na ja, halt vom Hörensagen Sachen berichtest, dann schau, dass diese persönlichen Geschichten

00:11:43: so verfremdet wie möglich sind. Dass man, wenn man diese Episode hört und die Person über die

00:11:51: du sprichst oder deren Geschichte du erzählst, kennt nicht zwangslablich auf die Idee kommt,

00:11:56: dass diese Person gemeint ist. Okay? Diese, diese Geschichten solltest du immer mit Vorsicht behandeln.

00:12:02: Und auch da darfst du, wenn du so ein Fallbeispiel nimmst und dieses Fallbeispiel durchgehst, um halt

00:12:10: etwas zu zeigen, was der Prinzip der Inordnung ist, dann schau, dass du da Zeit investierst und

00:12:17: bestimmte Dinge verfremdest. Also aus einem Mann, eine Frau Maß, aus einem Alter, ein anderes Alter

00:12:24: Ausnahmen, Wohnort, einen anderen Wohnort und auch zu sagen, das ist hier anonymisiert, das ist auch

00:12:29: ganz, ganz wichtig, dass du sagst, das ist ein Beispiel von der, ich nenne sie mal Anneliese. Anneliese

00:12:35: heißt natürlich nicht wirklich so und es ist auch jetzt so verfremdet, dass selbst Anneliese

00:12:41: sich selber nicht wiedererkennen würde, aber nennen wir sie mal Anneliese. Anneliese hat,

00:12:45: okay, also dass du wirklich auch sagst, dass das anonymisiert ist, dass die Menschen, die dir

00:12:52: zuhören, nicht das Gefühl haben, boh krass, redet der oder die wirklich über eine Person in

00:12:58: den Moment, auch das ist extrem wichtig, dass die Leute, die Vertrauens zu dir aufgebaut haben,

00:13:05: merken, okay, du gehst wertschätzend und sorgsam mit Informationen über echte Menschen um, wenn du

00:13:12: über sie sprichst, ohne dass sie anwesend sind. Das hat nicht nur etwas mit Respekt zu tun, sondern

00:13:18: das ist einfach, ja, hat etwas mit, mit auch der Selbstdarstellung zu tun. Wie willst du wahrgenommen

00:13:24: werden und du willst als jemand wahrgenommen werden, der oder die mit Informationen sorgsam

00:13:29: umgeht und Menschen auch schützt. Das ist, glaube ich, extrem wichtig, okay. Gut, ja, ist eine kurze

00:13:37: Folge geworden, es ist nicht so lang wie sonst, aber es ist als Thema einfach wirklich wichtig und

00:13:44: vielleicht nochmal die ganz, ganz wichtigen Punkte. Gute Recherche, wenn es um Fachthemen geht,

00:13:50: im Zweifel, mach da lieber, hol dir da lieber einen, einen Experten oder eine Expertin, die dir

00:13:56: vielleicht hilft. Du musst ja auch kein Interview, dann kein Gespräch machen. Du kannst ja auch

00:14:00: einen, auch jemanden fragen, pass auf, schick mal doch mal eine WhatsApp-Sprachnachricht zum Thema

00:14:04: so und so. Wie verhält sich das mit Medikation XY bei dem und dem Krankheitsbild? Kannst

00:14:12: dir einen Arzt fragen, wenn du jemanden kennst. Und dann kannst du dann so einen O-Ton auch einspielen.

00:14:17: Dr. Müller sagt dazu übrigens Folgendes. Dann spielt sie das so ein und dann kannst du eben auch

00:14:24: sagen, dass das, ja, dass das nicht du ist, sondern dass da wirklich eine Fachperson,

00:14:30: Expertin, Experte einfach etwas zu gesagt hat. Dann bist du da auch aus dem Schneider. Und das

00:14:34: ist ganz, ganz wichtig, dass du dich nicht in die Nesseln setzt und Menschen nicht auf falsche

00:14:39: Pferden bringen. Deswegen gute Recherche. Das ganze sensibel, nicht so alarmistisch, Trigger-Warnung,

00:14:45: das Wort ist ausgenudelt. Guck, dass du eine Formulierung findest, die ruhig ein bisschen

00:14:50: länger sein kann, dass du die Menschen abholst, wo sie sind. Ist eine, ist eine Alta auch ausgelutschter

00:14:57: Sprache. Aber es ist halt so wichtig, dass du Ressourcen anbietest, wo man Hilfe bekommt und wie

00:15:04: du und dass du eben, wenn du Geschichten erzählst mit Verfremdungen und Anonymisierung arbeitest.

00:15:10: Okay, gut. Ja, um diese Episode bin ich auch so ein bisschen rumgeschlichen, aber ich denke,

00:15:16: es ist schon wichtig, dass wir da einmal drüber reden. Haben wir jetzt hiermit gemacht und

00:15:21: naja, wenn du Fragen hast, wenn du Rückmeldungen hast, wenn du es vielleicht eine andere Möglichkeit

00:15:26: hast, da Menschen vorzubereiten, wenn du vielleicht selber ein Podcast hast, der mit sensiblen Themen

00:15:32: umgehen muss, weil es um sensible Themen geht, dann schreib mir gerne, wie du das machst, einfach

00:15:38: unter Gordon@poddyg.com, findest du in den Show Notes und dann freue ich mich von dir zu lesen.

00:15:44: Gut, also das war's gewesen sein für diese Episode. Ich freue mich, wenn wir uns in der nächsten Episode

00:15:49: wieder hören und bis dahin sage ich bis dahin dein Gordon Schömmeller.

00:15:55: [Musik]

00:16:05: SWR 2020

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